Wenn man in einer gemeinnützigen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung arbeitet, hat er*sie evtl. folgende Antwort parat:
"Es geht darum, junge Menschen durch Bildung, Ausbildung und Erziehung zu einem selbstbestimmten, verantwortungsbewussten Leben und zur gesellschaftlichen Teilhabe zu begleiten!"
Das sind richtige und fachlich versierte Worte mit einer großen Vision.
Aber es kann auch erwidert werden:
"Klar, das ist unser Auftrag. Aber, verzeihen Sie, wenn ich mir erlaube, das Ganze drastischer zu formulieren: Es ist unser Auftrag, jungen Menschen in den 'Slums' der Zeit, auf ihrem Weg zu einem glücklichen Leben zu begleiten."
Vielleicht entgegnet jemand dieser Aussage:
„Wie bitte? Slums? Ihr habt doch alles in Eurer Gesellschaft, noch dazu im Überfluss. Slums? Habe ich mich verhört – die gibt es doch nur auf der so genannten Südlichen Halbkugel, also dort, wo tatsächlich ‚die Ärmsten der Armen‘ leben.“
Die Antwort darauf kann lauten:
"Aha, Sie glauben, dass es Armut nur dort gibt? Ich meine da täuschen Sie sich gewaltig! Die "seelischen Slums" von jungen Menschen, ja Menschen überhaupt, die in einer Gesellschaft wie der unsrigen leben, nicht selten deren "Opfer" sind, können ein Symbol für "seelische Heimatlosigkeit" sein. Sie entsteht nicht selten durch die oben erwähnten "Höher-weiter-schneller-Gesetze . Sich diesen Herausforderungen zu stellen, bedeutet oft einen Weg der kleinen und kleinsten Schritte . Visionen braucht es im Leben und so auch in Bildung, Ausbildung und Erziehung. Doch sie wollen oft mühsam erarbeitet werden.“
Wir beenden hier das Gespräch zwischen wem auch immer.
Neben der tatsächlichen Armut, vor der viele Menschen in Deutschland nicht mehr verschont sind, gibt es genau diese innere seelische Verarmung, bis hin zur inneren Verwüstung, zum "seelischen Slum". Diese "Slums" können Orientierungslosigkeit, Angst, Mutlosigkeit, Aggression, Depression, Gier, Machthunger, Gewalt, Übergriffigkeit, Überforderung, Vereinsamung, Allmachtdenken, Motivationsarmut und vieles mehr heißen.
Diesen "Randzonen" stellen sich die Kollegen*innen auf Schloss Zinneberg und in allen sozialen Einrichtungen mit ähnlichem Auftrag Tag für Tag. Sie ernten dabei oft kein freudiges "Hallo", geschweige denn Dank für den Einsatz. Die "Slum-Bewohner*innen" können diesen Einsatz in der Situation oft nicht gleich als Mehrwert anerkennen.
Und trotzdem:
Tag für Tag begeben sich all jene, die sich dieser Art von Armut in unserer Gesellschaft stellen in diese Situationen. Sie unterstützen, fördern, heilen, bilden aus, verstehen, trösten, ermuntern, fordern, begrenzen, setzen Stopps usw. Parallel stellen sie sich unzähligen Verordnungen und Gesetzen, Richtlinien, Finanzierungsformen, zunehmender Bürokratie und Spardruck, Arbeitskraftmangel an allen Ecken und Enden....... und hoffen.
Vor allem vertrauen sie darauf, dass jeder*jede, in sicheine einmalige Würde trägt, die mehr wert ist als die ganze Welt.
Die Schwestern vom Guten Hirten auf Schloss Zinneberg haben diesen Leitgedanken ihrer Ordensgründerin, Maria Eufrasia Pelletier (1796 - 1868) nicht nur in ihrem Leitbild verankert, sie wollten diesem Hymnus auf die Würde auch sichtbar gestaltet wissen. Deshalb wurde von Ihnen der Künstler und Steinmetz, Hanno Größl aus Lindach/Glonn, beauftragt eine entsprechende Skulptur zu schaffen.
Sie trägt den Titel "Ein Mensch ist mehr wert als die ganze Welt." Größl hat diesen Auftrag treffend klar umgesetzt: Verschiedene Menschen tragen gemeinsam einen Hirtenstab. Sie versuchen damit, die Brüche der Welt, die Brüche des menschlichen Lebens zu überwinden. Du und ich, wir alle sind in diesem Sinne beauftragt. durch unsere Haltung, unser Wissen, unser Engagement, Hirte*Hirtin und damit Brückenbauer zu sein für eine bessere Welt.
Das ist und bleibt der Auftrag von Schloss Zinneberg: an die Würde, den Wert des*der Einzelnen zu glauben!

Sr. Christophora, Einrichtungsleitung, Hanno Größl, Künstler aus Lindach/ Glonn und Sr. Amica, Trägervertreterin, neben dem Kunstwerk. Es verbindet wunderbares Handwerk und den wunderbaren Leitgedanken der Schwestern vom Guten Hirten und ihrer Mitarbeiter*innen auf Schloss Zinneberg. Foto Winkler

Granit aus dem Bayerischen Wald, in Form gebracht, kunstvoll und mit Handwerkskunst durchbrochen (der schmale Spalt, der die Scheibe durchzieht), zusammengehalten durch die Symbolik des Hirtenstabes, getragen von unterschiedlichen Menschen......denn Hilfe braucht unterschiedliche Ansätze, den Mut, "Gebrochenheit" zu überwinden, vor allem aber braucht sie ein motivierendes Leitmotiv. Foto Winkler